Von der Werkbank in den Profikader: Warum Bundesliga-Stürmer Luca Schuler froh ist, einen Plan B als Tischler zu haben
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Viele träumen von der Profikarriere im Fußball: 2. Liga-Fußballer Luca Schuler hat es geschafft – er stürmt für den 1. FC Magdeburg. Im Interview verrät er seinen Plan B, warum Handwerk goldenen Boden hat und drei Tipps, wie man beim Spagat zwischen zwei Jobs nicht durchdreht.
Interview: Doreen Biermann
XING: Hand auf’s Herz – wer wollte, dass Du neben dem Fußballspiel eine Ausbildung machst. Du oder deine Eltern?
Luca Schuler: Da waren wir tatsächlich einer Meinung. Meinen Eltern war wichtig, dass ich etwas neben dem Fußball mache – entweder Abitur mit anschließender Ausbildung oder ein Studium. Ich wollte für mich etwas in der Hand haben und vorbereitet sein, falls es mit dem Profisport nicht klappt. Von Vorteil war, dass ich schon die Verbindung zum Handwerk durch meinen Opa hatte, der Schlosser war. Die Arbeit mit Holz hat mir immer am meisten Spaß gemacht. Während meiner Schulzeit habe ich ein Praktikum bei einem Tischler gemacht. Danach war die Ausbildung für mich ein logischer Schritt.
Was hat Dich an dem Job eines Tischlers gereizt?
Schuler: Es macht mir großen Spaß, etwas Handfestes zu produzieren. Jeder Handwerker wird es kennen und mir bestimmt zustimmen: Am Ende des Tages weiß man, was man den ganzen Tag über gemacht hat. Du arbeitest viele Stunden und siehst schlussendlich, was du mit deinen eigenen Händen geschaffen hast. Das ist sehr zufriedenstellend.
Heute lernen immer weniger Menschen Handwerkberufe. Warum würdest Du die Ausbildung und den Job weiterempfehlen?
Schuler: Viele junge Menschen haben wahrscheinlich im Kopf, dass es ein anstrengender Beruf ist, der nicht topbezahlt wird. Dabei sind gerade aktuell Handwerker sehr gefragt und man kann durchaus sehr erfolgreich und finanziell unabhängig werden, wenn man sich einen eigenen Betrieb aufbaut. Außerdem ist der Beruf sehr vielfältig. An einem Tag arbeitest du an einem Möbelstück, dann ist es ein Fenster oder eine Tür, die eingebaut oder ein Fußboden, der verlegt werden muss. Man sollte Flexibilität mitbringen und gerne neue Menschen kennenlernen. Und es hilft, wenn man nicht gerade zwei linke Hände hat…
So eine Fußballausbildung ist sehr zeitintensiv. Wie hast Du es geschafft, nebenbei noch zu schreinern und für den Abschluss als Handwerker zu lernen?
Schuler: Ich habe die Ausbildung noch während meiner Jugendzeit im Fußball, im zweiten Jahr bei den B-Junioren, angefangen. Die Ausbildung ging über drei Jahre – morgens bis abends habe ich den Tischlerberuf gelernt. Mein Tag begann zwischen 5 und 6 Uhr, gegen 17 Uhr hatte ich Feierabend in der Schreinerei. Danach wurde ich vom Fahrdienst abgeholt und konnte Hausaufgaben erledigen oder lernen, während ich zum Fußballtraining gefahren wurde. Am Wochenende stand ich auch auf dem Platz. Später als ich den Führerschein hatte, bin ich selbst mit dem Auto gefahren. Spät abends war ich zu Hause und froh, wenn ich endlich im Bett lag. Der Aufwand hatte es schon in sich, aber im Nachhinein bin ich sehr froh, dass ich die intensive Zeit durchgehalten habe. So eine Phase im Leben, in der man Doppelbelastungen jeglicher Art standhalten muss, schult sehr. Ich habe Disziplin und Durchhaltevermögen gelernt.
Hast Du drei Top-Tipps für uns, wie man den Spagat zwischen zwei Jobs meistern kann?
Schuler: Wenn es im Leben mal stressig wird, lohnt es sich, fleißig und geduldig zu sein. Das zahlt sich auf jeden Fall aus. Dann hilft es, wenn du dein Ziel vor Augen hast und fokussiert bleibst. Selbst die schwerste Phase dauert nicht ewig und fällt leichter, wenn du auf dieses konkrete Ziel hinarbeitest. Der dritte Punkt ist, dass du dein Zeitmanagement ordentlich im Griff haben solltest. Ein durchdachter Zeitplan sorgt dafür, dass du immer im Blick hast, wann du Zeit hast zum Essen, wann du zum Training abgeholt wirst und wie du das Leben mit deinen sonstigen Verpflichtungen oder Freizeitaktivitäten drumherum gestaltest.
Was hast Du aus Deiner handwerklichen Ausbildung fürs Leben mitgenommen?
Schuler: Ich habe großen Respekt vor allen, die hart arbeiten, denn das normale Leben ist nicht immer ein Zuckerschlecken. Ich weiß, wie es ist, einen handwerklichen Beruf auszuüben, wie hart das sein kann und wie es ist, einen anstrengenden Alltag zu haben. Du stehst früh auf und kommst sehr spät nach Hause. Denn dein Tag ist erst zu Ende, wenn du den Auftrag beim Kunden abgeschlossen hast. Überstunden sind die Regel und keiner jubelt dir dafür zu. Deswegen weiß ich zu schätzen, dass ich mein Hobby zum Beruf machen durfte. Wir Fußballer haben sehr viele Privilegien, für die wir verdammt dankbar sein sollten.
Gibt es Fähigkeiten eines Tischlers, die Du auch im Sport, insbesondere im Fußball, gut anwenden kannst?
Schuler: Vor allem Durchhaltevermögen. Nicht nur in der Kombination aus Ausbildung und Fußball, auch später im Beruf musst du an bestimmten Projekten so lange dranbleiben, bis sie fertig sind – auch wenn es mal schwieriger wird. Es ist auch von Vorteil, dass ich hart anpacken kann. Wenn ich daran zurückdenke, wie ich damals die schweren Plattenmaterialen von den LKWs abladen musste, hat mir das hinsichtlich des Krafttrainings im Profisport bestimmt geholfen.
Hat es sich für Dich gelohnt, eine Ausbildung abzuschließen, nachdem Du jetzt eine andere Karriere eingeschlagen hast?
Schuler: Auf jeden Fall! Ich habe so viel gelernt, was mir keiner nehmen kann. Ich habe nach wie vor viel Spaß daran, mit Holz zu arbeiten und kann mir selbst Möbel zimmern, wenn ich möchte. Und wer weiß, vielleicht steige ich nach meiner aktiven Fußballkarriere wieder in den Beruf ein.
Könntest Du Dir auch vorstellen, einen anderen Beruf nach der aktiven Karriere auszuüben?
Schuler: Es gibt auch andere Optionen. In meiner Zeit als Fußballer habe viel Spaß beim Krafttraining und an der Athletik entwickelt. Vielleicht könnte sich nach meiner sportlichen Karriere auch in dem Bereich etwas ergeben. Ich bin auch großer Auto-Fan. Möglicherweise ist auch in der Branche etwas für mich dabei.
Würdest du jungen Fußballern, die eine Profikarriere anstreben, empfehlen, sich ein zweites Standbein zu schaffen?
Schuler: Auf jeden Fall! Meiner Meinung nach ist es für jeden möglich, sich neben dem Fußball ein zweites Standbein zu schaffen – egal, ob das eine Ausbildung oder Abitur mit anschließendem Studium ist. Du weißt nie, wie dein Weg verlaufen wird. Selbst wenn bis zum Ende der Jugendzeit alles super verläuft und du glaubst, du hast es im Fußball geschafft, kann sich von jetzt auf gleich alles ändern. Vielleicht geht irgendwann der Spaß am Profisport flöten, der Erfolg bleibt fern oder eine Verletzung zwingt dich zum Pausieren. Ich sehe dann häufig, dass es mit zunehmendem Alter schwieriger wird, sich zu motivieren, eine Ausbildung oder ein Studium zu beginnen, und das kontinuierlich durchzuziehen. Es ist sinnvoll, einen Plan B zu haben.
Trifft man Dich denn heute noch regelmäßig an der Werkbank?
Schuler: In meiner Wohnung in Magdeburg habe ich keine Werkbank und Kreissäge, entsprechend kann ich nur in meiner Heimat arbeiten. Die Entfernung ist mittlerweile groß, deswegen bin ich nur selten zu Hause. Wenn ich dann in meinem Heimatort bin, bin ich doch recht froh, möglichst viel Familie und Freunde zu sehen. Von daher komme ich aktuell nicht mehr so häufig dazu. Aber wenn es die Zeit erlaubt und es die Möglichkeit gibt, dann stelle ich mich gerne dran.
Wenn Du Deinen Beruf als Fußballprofi in einem Möbelstück ausdrücken solltest – welches würdest Du tischlern?
Schuler: Es wäre ein Fernsehschrank mit verschiedenen Ebenen. Diese Ebenen würden die Höhen und Tiefen eines Fußballprofis widerspiegeln.
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